Unsere Forschung
Der Ausgangspunkt der Forschung am ZGW ist keine unité de doctrine, sondern ein geteilter Problem- und Fragehorizont, der auf der Annahme basiert, dass die Wissensentwicklung und ihre epistemischen, technischen und kulturellen Voraussetzungen sowie ihre Konsequenzen als grundsätzlich offener Prozess angesehen werden müssen. Unser Zentrum versteht sich daher als ein Ort, an dem in erster Linie historische, kulturwissenschaftliche und philosophische Reflexionen der Wissensentwicklung stattfinden sollen. Um vorschnelle Grenzziehungen in der Analyse der modernen Wissensgesellschaften zu vermeiden, etwa zwischen wissenschaftlichem und populärem Wissen, werden am ZGW methodisch die Zirkulationen verschiedener Wissensformen innerhalb der Gesellschaft in den Fokus gerückt. Dies umfasst sowohl eine Reflexion über die Entstehung, Erhaltung und den Verfall wissenschaftlichen, technischen und medizinischen Wissens, seiner Praktiken, Semantiken und materiellen Grundlagen, als auch das Nachdenken über nicht-wissenschaftliche Formen von Wissen, wie sie als Wert- und Praxisorientierungen in der Lebenswelt wirksam sind.
Die für das ZGW zentrale Kategorie »Wissen« wird in Abgrenzung zu einem traditionellen Begriff von Wissenschaft bzw. rein »wissenschaftlichem Wissen« folgendermassen umrissen:
Formen des Wissens
Wissen umfasst akademische, aber auch verschiedenste Formen von nicht-gelehrtem, von »öffentlichem« und »populärem« Wissen. Das alte epistemische Privileg des wissenschaftlichen Wissens weicht damit einem dynamischeren und praxiologischen, insgesamt damit komplexeren Begriff von Wissen.
Zirkulationen des Wissens
Wissen zirkuliert zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Sphären. In diesen Austauschprozessen zwischen akademischen und nicht-akademischen Wissensformen wird neues Wissen generiert, verteilt und laufend verändert.
Praktiken des Wissens
Wissen ist nicht freischwebend: Wissen ist zum einen mit Institutionen verbunden und damit Teil von Machtbeziehungen; zum anderen ist Wissen immer mit materiellen Praktiken verwoben, von Medien, Repräsentations- und Visualisierungstechniken sowie von Sprach- und Diskursformen abhängig bzw. durch diese erst konstituiert.
Hier geht es zu unseren grösseren Forschungsprojekten.
Weiterführende Lektüre:
Pidgin Knowledge. Wissen und Kolonialismus (Harald Fischer-Tiné 2013)
Was ist Wissensgeschichte? (Philipp Sarasin 2011)
Wissensgeschichte - Eine Standortbestimmung (David Gugerli 2012)
Alle Editoriale unseres Jahrbuch fürs Wissensgeschichte (seit 2005)
Unsere Lehre
Nachfrage
Im Zeitalter des Wissens werden Fachleute benötgt, die mit den politischen, wirtschaftlichen, sozialen, ethischen und ästhetischen Voraussetzungen und Folgen der Produktion und Zirkulation von Wissen vertraut sind. Es werden wissenschaftlich geschulte Strateginnen und Strategen benötigt, die verschiedenartige Wissensbestände auf ihre Verflechtungen hin analysieren können. Es werden Sachverständige benötigt, die Wissen allgemeinverständlich vermitteln können.
Angebot
Das ZGW umfasst seit 2007 ein Graduiertenkolleg mit derzeit 26 Doktorierenden und einen Masterstudiengang mit derzeit 44 Studierenden. Des Weiteren werden verschiedene Kurse für Doktorierende der ETHZ und UZH sowie für Pflichtwahlfachstudierende angeboten, z.B. eine periodische Einführungsvorlesung in die Geschichte und Philosophie des Wissens.