Life Sciences im 21. Jahrhundert. Eine Geschichte der Systembiologie in der Schweiz

Worin liegt die Zukunft der Life Sciences? Seit der Jahrtausendwende und der Entschlüsselung des Humangenoms konkretisiert sich ein neuer Forschungsansatz in den Lebenswissenswissenschaften, der nicht nur neue Technologien, Arbeitsweisen und Forschungsergebnisse verspricht, sondern auch konservative Positionen reaktiviert: Die Frage "Was ist Leben?" und eine holistische Betrachtungsweise sind in der Systembiologie zentral. In der Schweiz wird Systembiologie prioritär gefördert: Die Initiative SystemsX.ch vereint Universitäten, Hochschulen und Industrie und verfügt 2012 über ein Jahresbudget von rund 50 Mio. CHF. Wie kam es zu dieser Ressourcenbindung im Bereich der Systembiologie, einem vielleicht vielversprechenden, aber nur vage definierbaren wissenschaftlichen Ansatz? Wie lässt sich diese Entwicklung vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrisen, Sparprogramme und Restrukturierungen des 21. Jahrhundert erklären?

Ich untersuche in meinem Projekt die institutionelle Organisation der hochdotierten Forschungsinitiative SystemsX.ch und den wissenschafts- und wirtschaftspolitischen Kontext, in dem sie entstand. Gleichzeitig soll die Bedeutung der paradigmatischen Wende vom reduktionistischen Ansatz der Molekularbiologie zum holistischen der Systembiologie reflektiert und auf die Wissenschaftskultur der neuen Forschungsrichtung eingegangen werden. Diese vier Ebenen ? institutionelle Konstitution, soziopolitische Konstellation, epistemischer Wandel und kulturelle Praxis ? bilden die Leitlinien des Projektes. Die Geschichte von SystemsX.ch zeigt die Verflechtung von Wissenschafts- und Wirtschaftspolitik auf wirft ein Licht auf die Wirksamkeit des Wissen-als-einzige-Ressource-Diskurses in der rohstoffarmen Schweiz. Die Doktorarbeit leistet damit einen Beitrag zur Historisierung der neusten Entwicklungen in den Lebenswissenschaften und zur jüngsten Zeitgeschichte der Schweiz.